Coachingthema: Sexueller Missbrauch?

Coa­ching­t­hema: Sexu­el­ler Miss­brauch?

Ein vor­ran­gig kla­rer Coaching-​​Auftrag kann beim bri­san­ten Detail “sexu­el­ler Miss­brauch” eine Wen­dung im Coaching-​​Verlauf her­vor­ru­fen. Nach ers­ten Erzäh­lun­gen des Coa­chee kön­nen bestimmte Details zu der Über­le­gung hin­lei­ten, ob das Coa­ching die rich­tige Umge­bung für das Anlie­gen des Coa­chee ist. Im Coa­ching sind näm­lich die Gren­zen zu ande­ren Dis­zi­pli­nen flies­send, wie z. B. zur Psy­cho­the­ra­pie oder einer klas­si­schen Bera­tung. Wel­chen Umgang emp­fiehlt es sich im Coa­ching im Fall des Details “sexu­el­ler Miss­brauch”, so dass das Coa­ching keine Grat­wan­de­rung wird? Und was emp­fiehlt es sich zu tun zum Wohl des Coa­chee?

Vor kur­zem kam eine neue Kli­en­tin mit einem kla­ren Coaching-​​Auftrag zu mir. Ihr Ziel: Eine gute Balance zwi­schen Arbeit und Frei­zeit fin­den und bes­ser Prio­ri­tä­ten set­zen kön­nen. Sie hatte sich vor eini­gen Mona­ten selbst­stän­dig gemacht und arbei­tet zusätz­lich 50% in einer sozia­len Insti­tu­tion. Die Dame ist 50-​​jährig und wirkt auf mich boden­stän­dig, enga­giert und kom­pe­tent. Das erwor­bene Wis­sen aus zahl­rei­chen Aus-​​ und Wei­ter­bil­dun­gen will sie nun in ihrer neu gegrün­de­ten Gesell­schaft ein-​​ und umset­zen. Auch erste Auf­träge hat sie bereits.

In der ers­ten Sit­zung machen wir eine Aus­le­ge­ord­nung. Sie über­legt und ent­schei­det, wel­che der The­men die wich­tigs­ten für sie sind und wel­che sie wei­ter­de­le­gie­ren könnte.

“Du bist nicht gut genug!”

In der zwei­ten Sit­zung geht es ihr vor allem um blo­ckie­rende Glau­bens­sätze. Obwohl sie offen­sicht­lich fach­lich sehr kom­pe­tent ist, kann sie kein gut gemein­tes Feed­back von ihren Kun­den und Vor­ge­setz­ten anneh­men. Sie glaubt, ihr Wis­sen würde nicht genü­gen. Der Glau­bens­satz, den wir iden­ti­fi­zie­ren, ist: «Ich bin nicht gut genug!»

Auf die Frage, ob die­ser Glau­bens­satz schon frü­her ein Thema gewe­sen sei, erzählt sie mir von ihren trau­ma­ti­schen Erleb­nis­sen. Es ging um Miss­brauch: Sie wurde bis zu ihrem 16. Lebens­jahr von ihrem Vater und von ihrem Onkel sexu­ell miss­braucht. Und dies, obwohl ihre Mut­ter davon wusste. Da in die­ser Zeit auch ihre schu­li­schen Leis­tun­gen nach­lies­sen, wurde sie oft­mals von ihrer Mut­ter kri­ti­siert. Sie tat das mit dem Satz: «Du bist nicht gut genug.»

Im ers­ten Moment, als ich das hörte, war ich von ihrer Lei­dens­ge­schichte geschockt und ich über­legte mir, wie und ob ich das Coa­ching wei­ter­füh­ren sollte. Die andere Frage, die ich mir stellte, war, ob ich das Coa­ching über­haupt wei­ter­füh­ren kann. In gleich dar­auf­fol­gen­den Sät­zen ver­si­cherte sie mir, dass sie bereits mit einer Psy­cho­the­ra­peu­tin das Trauma hin­sicht­lich des Miss­brauchs bear­bei­tet hat und schon lange sta­bil sei.

Sta­bi­li­sie­rung beim Thema Miss­brauch ist wich­tig

Damit war mir einer­seits klar, dass der limi­tie­rende Glau­bens­satz ein Mus­ter aus ihrer Kind­heit war. Ande­rer­seits wusste ich, dass ich mit dem Mus­ter im Coaching-​​Setting wei­ter arbei­ten kann auf­grund ihrer Sta­bi­li­tät aus der vor­an­ge­gan­ge­nen Ver­ar­bei­tung in der Psy­cho­the­ra­pie.

Mir wurde ein­mal mehr bewusst, wel­che Gren­zen im Coa­ching auf­tau­chen kön­nen und wie aus einem anfäng­li­chen kla­ren Coaching-​​Auftrag ein Thema für die Psy­cho­the­ra­pie ent­ste­hen könnte. Mit mei­ner lang­jäh­ri­gen Erfah­rung in der Psych­ia­trie und im Umgang mit trau­ma­ti­sier­ten Frauen weiss ich, wie wich­tig es ist, dass zur Sta­bi­li­sie­rung zuerst ein «siche­rer, inne­rer Ort» gefun­den wer­den muss, bevor das Thema Miss­brauch sicher ange­gan­gen wer­den kann, und zwar in der Füh­rung eines qua­li­fi­zier­ten The­ra­peu­ten.

Zum Wohle des Kli­en­ten

Für die dar­auf­fol­gen­den Coaching-​​Sitzungen nahm ich an, dass der Miss­brauch ver­mut­lich kein Thema mehr wer­den wird. Daher habe ich mit NLP Inter­ven­tio­nen zum Ver­än­dern von blo­ckie­ren­den Glau­bens­sät­zen und dem Eta­blie­ren von Res­sour­cen gear­bei­tet. Wäh­rend des gan­zen Coaching-​​Prozesses achte ich dar­auf, ob die The­ma­tik des Miss­brauchs wie­der auf­taucht. Ich hätte in die­sem Fall sofort zum Schutze mei­ner Kli­en­tin inter­ve­nie­ren und the­ra­peu­ti­sche Hilfe bei­zie­hen müs­sen. Im Zwei­fels­fall gilt im Coa­ching der Grund­satz: zum Wohle des Kli­en­ten.

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