Buchtipp: Tennis – Das innere Spiel

Buch­tipp: Ten­nis – Das innere Spiel

Mit dem Buch “Ten­nis – Das innere Spiel” legte der Ten­nis­coach W. Timo­thy Gall­wey in den 1970er den Grund­stein für pro­fes­sio­nel­les Mental-​​Training. Mitt­ler­weile ist der Grund­ge­danke sei­nes Buchs über den Ten­nis­sport hin­aus­ge­wach­sen und hielt längst Ein­zug in Busi­ness, Indus­trie, pro­fes­sio­nel­les Coa­ching und in die Arbeits­welt.

Grund­ge­danke: Das Selbst ver­ges­sen

Schon zu Beginn führt Gall­wey den Leser an den ent­schei­den­den Grund­ge­dan­ken heran, aus dem die Umset­zung men­ta­ler Stärke und Best­leis­tung ange­stos­sen wird: Es ist das Spiel “wie im Rausch”. Es ist für Zuschauer wie auch für den Ath­le­ten ein ver­blüf­fen­der Zustand, wenn das Spiel “wie von selbst” läuft. Gall­wey ver­an­schau­licht es in sei­nem Buch mit einer Aus­wahl tref­fen­der Rede­wen­dun­gen: «Er wächst über sich hin­aus»; «er weiss nicht, was er tut»; «er spielt wie in Trance.»

Es ist die­ser beson­dere Zustand, in wel­chem der Ath­let men­tal klar, völ­lig selbst­ver­ges­sen, hoch-​​konzentriert, aber völ­lig ruhig ist. Doch was geht ihm dabei Beson­de­res durch den Kopf, um in die­sen Zustand zu kom­men? Bevor wir diese Frage lüf­ten, lohnt es sich des­sen Ursprung anzu­schauen: Selbst­ge­sprä­che.

Der Kom­men­ta­tor gegen den Macher

Gall­wey beob­ach­tete, dass die meis­ten Spie­ler unab­läs­sig Selbst­ge­sprä­che füh­ren: “Los, Tom, schlag den Ball vor dem Kör­per.” Doch wer spricht da mit wem?

Mit die­ser Frage legte Gall­wey den Grund­stein zum “Inne­ren Spiel”. Er unter­schei­det zwi­schen dem «Ich», wel­ches wie ein Kom­men­ta­tor agiert, und dem «Selbst», wel­ches ein Macher ist. Gall­wey nennt diese bei­den auch Selbst #1 und Selbst #2: “Das eine, das «Ich», scheint Anwei­sun­gen zu geben. Das andere, das «Selbst», ist schein­bar für das prak­ti­sche Han­deln zustän­dig. Dar­auf­hin mel­det sich wie­der das «Ich» mit einer Aus­wer­tung der Hand­lung.”

Die­ser Kreis­lauf hält an und erzeugt die Selbst­ge­sprä­che. Hierin sah Gall­wey das Pro­blem zur Errei­chung von Best­leis­tun­gen und fol­gerte dem­nach, dass der Schlüs­sel für bes­sere Ergeb­nisse auf jed­we­dem Gebiet in der Ver­bes­se­rung der Bezie­hung zwi­schen dem bewuss­ten Kom­men­ta­tor (Selbst 1) und den natür­li­chen Fähig­kei­ten von Selbst 2 liegt. Und genau um diese Har­mo­nie geht es in sei­nem Buch, um ent­spannte Kon­zen­tra­tion und Höchst­leis­tung zu errei­chen.

Selbst 2: Ein Bewusst­sein auf­bauen für den Macher in uns

Gall­wey zeigt anhand der Meta­pher von Selbst 1 und Selbst 2, dass der eine – näm­lich das «Ich» (Selbst 1) – den ande­ren (Selbst 2) stän­dig ermah­nen, ver­bes­sern oder etwas befeh­len will. Selbst 2 agiert hin­ge­gen auf natür­li­che Art: Es ist der unbe­wusste Teil des Spie­lers, der zu jedem Moment lernt, zuhört und Pro­zesse ver­bes­sert. Wird ein Ten­nis­schlag in der frü­hen Lern­phase erst­ma­lig sau­ber aus­ge­führt, ver­gisst es das Selbst 2 ab dann nicht mehr, wie Schlä­ger, Arme, Kör­per und Beine in Posi­tion gebracht wer­den müs­sen. Doch die­sen natür­li­chen Weg zum sau­be­ren Schlag – d. h. zur Best­form – durch­kreuzt unser Ego (das «Ich») mit sei­nen stän­di­gen Kom­men­ta­ren. Gall­wey fasst die­sen essen­zi­el­len Punkt wie folgt zusam­men: “Selbst 1 ver­traut Selbst 2 nicht, auch wenn es das gesamte Poten­zial ver­kör­pert, das man bis dahin ange­sam­melt hat”.

Was hier wie ein Geschwister-​​Streit tönt, legt die Grund­lage für Gallwey’s kon­struk­tive Ansätze. Sie gehen dabei über das Ten­nis­spiel hin­aus­ge­hen und sind ebenso wert­voll und anwend­bar für Beruf, Kar­riere, All­tag und im pro­fes­sio­nel­len Coa­ching – eben dort, wo Gross­ar­ti­ges ent­ste­hen darf. Der Schlüs­sel liegt dabei in der Har­mo­nie zwi­schen Selbst 1 und Selbst 2.

Selbst 1 und Selbst 2 in Har­mo­nie brin­gen

Gall­wey regt in ein­zel­nen Kapi­teln an, wie die Har­mo­nie zwi­schen Selbst 1 und Selbst 2 auf­ge­baut wer­den kann. Hierzu seien im Fol­gen­den 3 Bei­spiele auf­ge­führt, auf die ver­mut­lich jeder schon mal gestos­sen ist – aber zur Höchst­leis­tung in kon­se­quen­ter Weise umzu­set­zen ist:

  • Das Den­ken redu­zie­ren. Gall­wey erwähnt zum einen, die bestän­dige “Denk-​​Tätigkeit” zu redu­zie­ren und damit das «Ich», wel­ches gerne Kri­tik übt, zu beru­hi­gen. Das schafft Raum für Selbst 2 und bringt den Mensch und Ath­le­ten ins Hier und Jetzt zurück, wo er sich in Ein­heit und als Ein­heit sei­nes Han­delns erlebt.
  • Beur­tei­lun­gen ein­stel­len. Gall­wey fügt hinzu, das stän­dige Beur­tei­len mög­lichst ein­zu­stel­len, um dar­aus mehr Akzep­tanz für sein Han­deln sowie Ruhe und kör­per­li­che Ent­span­nung zu schöp­fen. Hier­bei betont er, Ergeb­nisse so zu sehen, wie sie sind, und nichts hin­zu­zu­fü­gen. Kurzum: Ergeb­nisse stel­len ein kon­struk­ti­ves Feed­back dar und kei­nen “Feh­ler”. Feed­back ist dann eine neu­trale und wert­volle Infor­ma­tion. Dinge erschei­nen dann näm­lich so, wie sie sind – nicht mehr und nicht weni­ger.
  • Das Ziel bild­haft “vor Augen” hal­ten. Gall­wey regt an, seine Ziele bild­haft vor Augen zu hal­ten. Im Ten­nis ist dies bei­spiels­weise die Ent­wick­lung einer bestimm­ten Schlag­tech­nik oder eines bestimm­ten Spiel­stils. Ähn­lich ist es bei der Umset­zung eines Pro­jekts oder einer Idee in Beruf oder All­tag, zu denen sich eine bild­hafte Vor­stel­lung des Ziels als moti­vie­rend und ziel­füh­rend erweist. Anhand des­sen wer­den nicht nur ein­zelne Schritte greif­bar und umsetz­bar, son­dern gestal­tet sich dar­aus auch eine posi­tive Ein­stel­lung.

Ein Fazit

Lüf­ten wir also nun die oben erwähnte Frage, was einem Ath­le­ten Beson­de­res durch den Kopf geht, um wie “in Trance” zu spie­len. Die schlichte Ant­wort: Weni­ger, als man denkt. Gall­weys Buch ist hier­bei eine Hom­mage an das Ver­trauen zu sei­nen inne­ren Res­sour­cen – ohne alles mit sei­nem Ver­stand stän­dig zu “zer­mar­tern”. Ein Schlüs­sel ist die Har­mo­nie und innere Balance zwi­schen Kopf-​​ und Bauch­ge­fühl. Ver­steht man die Prin­zi­pien, die Gall­wey anhand des Ten­nis­sports meta­pho­risch auf­zeigt, erlangt man daran ein ruhe­vol­les und kon­zen­trier­tes Selbst-​​Bewusstsein.

Schreib­stil und Lese­ver­gnü­gen

Gall­wey schreibt in einer ange­neh­men und ein­fa­chen Spra­che – ohne wis­sen­schaft­li­che Fach­be­griffe oder Ähn­li­ches. Teils liest sich sein Buch wie ein Roman, und teils wie ein Bericht, bei dem Gall­wey den Leser sehr offen, nah und aus­führ­lich in seine Erkennt­nisse und Beob­ach­ten ein­be­zieht. Die­ses Buch ist somit für alle eine Emp­feh­lung, die a) Inter­esse am Coa­ching haben, b) Ath­le­ten zur Höchst­leis­tung brin­gen wol­len sowie c) mit ent­spann­ter Kon­zen­tra­tion im Pri­va­ten und in der Arbeits­welt leis­tungs­stark “auf­spie­len” wol­len. Und: Die­ses Buch ist eine Emp­feh­lung für alle, die “eins” mit sich wer­den und zugleich star­kes Ver­trauen und Selbst-​​Bewusstsein zu sich auf­bauen wol­len.

Last but not least: Für alle auf­stre­ben­den Ten­nis­spie­ler gilt das Buch ohne­hin als Stan­dard­werk.


Das Buch ist bei Orell Füssli als Taschen­buch (18,90 sFr.) sowie eBook (12,90 sFr.) erhält­lich. – (Stand: 10. Feb. 2023)

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