Studie #1: Dissonanz, unregelmässiger Rhythmus, Harmonien in Moll und Änderungen im Tempo erzeugen “Angst”
William Aubé liess in seiner Studie die Teilnehmenden verschiedene Musikausschnitte anhören. Die Musikausschnitte klangen entweder beängstigend, fröhlich, traurig oder neutral. Es zeigte sich, dass beängstigende Musikausschnitte, im Vergleich zu den neutralen Musikausschnitten, zu einer deutlichen Aktivierung der Amygdala führten.
Wie konnten sich die Forscher sicher sein, dass es auch wirklich beängstigende Musik war? Sie stützen sich auf eine Studie von Sandrine Vieillard, die schon zuvor die Musikausschnitte nach ihrer Wirkung untersuchte. Vieillard zeigte: Die als «beängstigend» betitelte Musik wurde von den Studienteilnehmenden zu 82% als bedrohlich und unangenehm wahrgenommen.
Die charakteristischen Merkmale der Musik waren dabei folgende:
Studie #2: Angst klingt verzerrt und lärmend
Daniel Blumstein ging ebenfalls der Frage nach, wie Angst «klingt» und präsentierte seine Befunde später in einem TEDx Talk. Er kam zufällig auf diese Frage, als er an Murmeltieren forschte: Er erschrak nämlich einst beim Aufschrei eines Murmeltiers. Dieses gab quietschende und abrupte Laute von sich. Somit vermutete er, dass «Angst» verzerrt bzw. dissonant und lärmend klingt.
Er experimentierte daraufhin mit Tonfolgen, die er seinen Studienteilnehmern sowohl in reiner Form, als auch in verzerrter Form vorspielte. Und es zeigte sich in der Tat, dass Musik, die verzerrte, sprunghafte und plötzliche Elemente besitzt, die Zuhörer eher erregt.
Der Ursprung für dieses Gefühl der Erregung wird in der Vorzeit des Menschen vermutet. Stossartige und verzerrte Laute ähneln Schreien in Not und Gefahr. Sie sind als Warnsignal im «Angstgedächtnis» gespeichert und zeigen auch heute noch ihre Wirkung.
Zwischenfazit
Eine Arbeit vom Universitätsprofessor Dr. Gerhart Harrer fasst die oben erwähnten Erkenntnisse beider Studien nochmals zusammen. Somit haben eine anregende bzw. beängstigende Wirkung die folgenden musikalischen Merkmale:
- Unharmonische Klänge
- häufige Tempowechsel
- melodische Sprünge
- grosse Lautstärke
- starke Akzente
Wenn also Musik die oben beschriebenen Merkmale enthält, wird dadurch die Amygdala aktiviert und es wirkt beängstigend. Im Kontrast dazu schauen wir im Folgenden mal darauf, welche musikalischen Elemente eine beruhigende Wirkung entfalten.
Beruhigung durch Musik
Eigenschaften beruhigender Musik
- Einfache Harmonien
- harmonierende Klänge
- weiche Klangfarbe
- enge Tonschritte
- gleichmässiges Tempo in oder unter der Herzfrequenz
- geringe Lautstärkeänderungen
- ein weiches Pulsieren
- Blutdruck und Herzfrequenz sinken
- die Muskelspannung nimmt ab
- der Atemrhythmus beruhigt sich
- Stresshormone im Blut werden reduziert
- das Angst- und Schmerzempfinden nimmt ab
Resümee
Referenzen (Studien)
- Aubé, W. et al. (2015). Fear across the senses: brain responses to music, vocalizations and facial expressions. Social Cognitive and Affective Neuroscience, Volume 10, Issue 3, March 2015, Pages 399 – 407. DOI: https://doi.org/10.1093/scan/nsu067.
- Blumstein, D. et al. (2012). The sound of arousal in music is context-dependent. The Royal Society Publishing. DOI: https://doi.org/10.1098/rsbl.2012.0374.
- The Mind Lab. (N. N.). A Study Investigating the Relaxation Effects of the Music Track Weightless. University of Sussex, Science Park Square Falmer, Brighton BN1 9SB.
- Vieillard, S. et al. (2007). Happy, sad,scary and peaceful musical excerpts for research on emotions. Cognition & Emotion, 22:4, 720 — 752.
- de Witte, M. et al. (2020) Effects of music interventions on stress-related outcomes: a systematic review and two meta-analyses. Health Psychology Review, 14:2, 294-324, DOI: 10.1080/17437199.2019.1627897.
Referenzen (Literatur)
- Harrer G. & Harrer M. E. (2008). Emotionale Vorgänge beim Hören von Musik und ihre Resonanz im Vegetativum. Neurologie & Rehabilitation 5 • 2008. Hippocampus Verlag 2008.
- Shapiro, F. (2012). EMDR – Grundlagen und Praxis. Paderborn: Junfermannsche Verlangsbuchhandlung.
Referenzen (Medien)
- Blumstein, D. (2012). The Sound of Fear. TEDx Talks.